Hallo A3Q-Gemeinschaft,
da es letztens hier einen Fahrbericht zum Opel Corsa gab, möchte ich nun auch mal etwas ähnliches schreiben. Ich bin heute "fremd gegangen" und habe im BMW 118d eine ausführliche Probefahrt gemacht. Vorab: es ist ein Mietwagen, die Ausstattung ist dementsprechend spartanisch. Da ich auch A3 in Grundausstattung kenne, habe ich das berücksichtigt.
In den Text fließt viel persönliche Meinung ein, die Freiheit nehme ich mir einfach mal.
Wem der Text nicht gefällt: es ist eine Kolumne, meine persönliche Ansicht.
der Einstieg
Der Funkschlüssel ist wie bei BMW gewohnt etwas seltsam: mit der oberen Taste öffnen, mit der großen BMW-Propeller-Taste schließen (hallo, Marketing? das BMW-Logo schließt den Wagen? komische Assoziation...). Tür auf und reinsetzen. Der Sitz lässt sich wie beim 3er E46 gewohnt mit einem Handgriff bis nach ganz unten verstellen, praktisch. Nun möchte ich das Lenkrad nach ganz unten verstellen und herausziehen, doch, Pustekuchen, das Lenkrad ist
nicht verstellbar! Zumindest habe ich keinen Hebel gefunden zur Verstellung des Lenkrads. Trotzdem möchte ich aber ganz unten sitzen, da ich recht groß bin. Dank des nicht verstellbaren Lenkrads sehe ich nun einen Teil der Anzeigen im unteren Kombiinstrument nicht mehr. Naja. Laut BMW-Preisliste ist mittlerweile eine verstellbare Lenksäule Serie.
Der Motorstart: Schlüssel in's Schloss stecken, bis er einrastet, Kupplung treten und auf den "Start Engine" Knopf drücken. Nun vibriert der Schaltknauf wie eine alte Waschmaschine beim Schleudern, das Auto vibriert ebenso mit und es nagelt nach Traktor. Naja, Diesel eben. Das sei BMW verziehen. Ich kenne dennoch definitiv kultiviertere 4-Zylinder-Diesel.
Die Kupplung ist ziemlich hart und erinnert mich beim Kraftaufwand an den Peugeot 205 1,9 Liter Diesel. Für ein Alltagsauto würde ich mir eine weichere Kupplung wünschen, das erleichtert die Kupplungsdosierung für den Normalfahrer. Daran gewöhnt man sich aber schnell. Insgesamt ein gutes Pedalgefühl sowohl an Bremse, Gas als auch Kupplung.
Motor
Ich hatte erst gar nicht an das Heck geschaut und angenommen, es wäre ein 116d mit 116 PS. Der Vortrieb ist jedenfalls in der Stadt wie beim A3 8P 1.9 TDI gut. Auf der Autobahn dagegen das große Gähnen. Beim Zwischenhalt fiel mir dann auf, dass es ein 118d ist. Leider habe ich nicht mehr geschaut, welche 118d-Version, ich hoffe aber für BMW, dass es das ältere 122 PS-Triebwerk ist. Von den 143 PS der neueren 118d-Version erwarte ich mehr "Bums" auf der Autobahn. Da ist der 140 PS 2.0 TDI im A3 gefühlt deutlich flinker.
Ansonsten zieht der Motor für einen Diesel sauber aus niedrigen Drehzahlen durch. Großer Drehmomentsprung am Anfang, der Drehzahlbegrenzer kommt weich bei ca. 4.900 upm. Im 6. Gang bei Autobahntempo ist das Drehzahlniveau angenehm niedrig. Dabei wären wir schon beim ...
Getriebe und Fahrbetrieb
Das Getriebe in einem Adjektiv: erstklassig! Am Handschaltgetriebe hatte ich wirklich großen Spaß. Erstens ist es ein 6-Gang Getriebe, obwohl der 118d Kompaktklasse ist und der Motor eher ein Einstiegsdiesel. Im A3 bekommt man nur 5 Gänge bei den kleinen Motoren. Die Schaltwege sind wunderbar kurz und die Gänge flutschen sehr schön durch für gerade mal 30.000 km Laufleistung des Testwagens. Eine wahre Freude. Der A3 mit Quattro hat hier natürlich einen Systemnachteil, da auch die ganze zweite angetriebene Achse mit übersetzt werden muss. Trotzdem ist das Getriebe im 118d meines Erachtens nach eine ganze Klasse besser als im A3 8P 1.9 TDI. Der BMW-Schaltknauf ist auch standesgemäß und hat nicht die billig-Optik und -Haptik wie beim A3 8P Attraction.
Die Bedienung ist ansonsten sehr gut, Lenkung, Bremsen, Gas, alles passt und ist gut zu erreichen. Das Fahrwerk ist komfortabler als im A3, und gleichzeitig auch fahrdynamisch. Die Übersichtlichkeit geht so, zumindest vorne kann man den A3 besser abschätzen.
Start-Stopp-Automatik
Die Start-Stopp-Automatik (SSA) sollte noch weiter entwickelt werden. Wenn ich das SSA-System bei stehendem Motor an der Ampel per Knopf deaktiviere, sollte der Motor entweder sofort wieder von selbst anspringen oder aber beim nächsten Tritt auf die Kupplung der Motor angehen und anbleiben. Nichts dergleichen passiert. Stattdessen muss man dann hektisch den Motor mit dem Start-Knopf manuell starten. Unschön.
Lustig: wenn die SSA gerade den Motor abstellen will und man im selben Augenblick wieder anfahren möchte und die Kupplung drückt, verschluckt sich der Motor halb.
Mir kam dann noch die Idee, ob die SSA intelligent genug ist, den Bremskraftverstärker-Druck wieder rechtzeitig aufzubauen, bevor er verbraucht ist. Daran hat BMW gedacht, Bremspedal-pumpen im Stand lässt den Motor wieder anspringen. Wenn man bergab im Stau steht und zum anrollen nur von der Bremse geht und dann wieder bremst, bleibt die Bremsleistung also erhalten, wie es sein muss.
Wenn der Motor an der Ampel ausgeht, steht natürlich auch die Servolenkung. Daran sollte man denken, wenn man losfahren und gleichzeitig lenken will und dann mit einem mal die Servolenkung aktiv wird.
Wenn der Motor gerade automatisch gestoppt ist, wird die Lüftung deutlich reduziert, man hat also nicht die volle Klimaanlagen-Leistung. Im Hochsommer also lieber die SSA deaktivieren.
Antrieb
Heckantrieb. Damit ist alles gesagt. Auf trockenen griffigen Straßen eine feine Sache im Vergleich zum Frontantrieb. Man bekommt die Motorleistung jederzeit gut auf die Straße. Wenn man den ersten Gang beim Anfahren in der Kurve gut ausreizt, hat man auch mit dem 118d schnell seinen Spaß. Bei Regen, Schnee und erst recht auf teilweise vereisten Landstraßen möchte ich jedoch lieber mit anderen Antriebskonzepten unterwegs sein.
Mitgedacht hat BMW wieder mal bei der Gewichtsverteilung: die Batterie sitzt unter dem Kofferraum (wenn auch nicht mittig). Das wünsche ich mir auch für andere Autos mit Frontmotor.
Nutzwert - Platzangebot
Der Kofferraum ist deutlich kleiner als im A3. Auf der Rücksitzbank stößt man, wenn man etwas größer gewachsen ist, schnell mit dem Kopf an die Decke. Und das beim 5-Türer. Ich mag mir das 1er Coupé gar nicht erst vorstellen. Vorne ist das Platzangebot für die Kompaktklasse aber gut.
Den Kofferraum öffnet man durch den Druck auf das BMW-Logo am Heck (oder über den Schlüssel). Beim A3 hat man da eher saubere Finger.
Die Motorhaube ist fummlig zu öffnen, man muss mit den Fingern ziemlich weit unter die Motorhaube, um den Entriegelungshebel zu drücken.
Gut gefällt mir, dass die Mittelarmlehne scheinbar serienmäßig ist. Warum nicht auch im A3?
Weniger gut gefällt mir, dass die 12 V-Dose ("Zigarettenanzünder") unter der MAL ist. So konnte ich mein TomTom-Navi nicht wie gewohnt links unten an der Windschutzscheibe anbringen, sondern musste wegen des Ladekabels das Navi in der unteren Fenstermitte anbringen. Aber BMW möchte ja integrierte Navis verkaufen, also gut.
Komfortelektrik
Die in meinem Testwagen verbaute manuelle Klimaanlage ist: nervig. Entweder war es zu warm, oder zu kalt, oder es bläst zu stark oder zu wenig. Unbedingt Klimaautomatik bestellen.
Das kleine Radio ist ebenso Schmalspur: dünner Ton, komische Bedienung und -- die Krönung -- ein Extradisplay für eine zweite Uhr. Der Testwagen spart alles mögliche ein, man hat noch nicht mal eine Wassertemperaturanzeige. Aber eine zusätzliche Uhr im Autoradio, obwohl auch im KI bereits eine ist. Nunja.
Wer mehr als Nachrichtensprecher und TMC-Durchsagen hören will: unbedingt größeres Radio kaufen. Die Bedienung des Basisradios hat mir auch wenig gefallen.
Die Scheibenwaschdüsen sitzen auf der Motorhaube. Damit habe ich im Winter beim aktuellen Ford Focus schon schlechte Erfahrungen gemacht. Im kalten Winter-Fahrtwind bildet sich an der Stelle dann gerne Eis und verstopft die Düsen, wenn das Wischwasser nicht frostfest aber im Tank flüssig ist.
Nicht auf dem Stand der Technik: die Radioantenne auf dem Dach, obwohl kein Navi verbaut ist und die Türverriegelungsstifte wirken auf mich etwas antiquiert. Eine integrierte Radioantenne wäre der Entfall der Türverriegelungsstifte wäre wünschenswert.
Fazit
Der 1er BMW ist durchaus eine Alternative zum A3 für meinen Geschmack. Das Handschaltgetriebe ist klar besser und es gibt sowohl stärkere Diesel als auch stärkere Benziner als im A3. Bei der Optik, beim Nutzwert-Platzangebot und beim Heckantrieb kann man dagegen geteilter Meinung sein.
Solange es keinen RS3 gibt sollte man ein 135i Coupé auf jeden Fall mal Probe fahren, bevor man sich für einen S3 entscheidet. Den 123d mit 204 PS sehe ich genau so als interessante schnellere Diesel-Alternative zum 170 PS A3 2.0 TDI.
Abgesehen von der klar besseren Handschaltung im 1er war ich nach der Fahrt aber froh, wieder im A3 zu sitzen und mich zu Hause zu fühlen.