Die Biosprit-Pleite
Flopp Nr. 2
Bei der Nutzung sogenannter nachwachsender Rohstoffe droht ein neuer Reinfall: Nach dem Stopp für eine höhere Beimischung von Biosprit im Benzin vor zwei Wochen warnt der TÜV jetzt vor möglichen Schäden an Automotoren durch den neuen Biodiesel, der ab Januar 2009 zum Einsatz kommen soll.
TÜV-Süd-Spezialist Walter Geier, Leiter der Abteilung Tank- und Kühlsysteme, sagte der "BamS": "Es gibt keine Garantie dafür, dass eine Erhöhung der Biodiesel-Beimischung auf sieben Prozent nicht zu mehr Ausfällen führen kann." Mit anderen Worten: Die schädlichen Folgen der Einführung des Biodiesels wurden für viele Motoren nicht bedacht. Die "BamS" schreibt, es könne nicht sein, "dass die Motoren von Millionen Autobesitzern einem unkontrollierten Feldversuch ausgesetzt werden".
Die neueste Generation von Dieselmotoren sei vermutlich für B7 (Diesel mit sieben Prozent Bio-Anteil) geeignet, sagte Geier: "Aber bei Fahrzeugen der älteren Generation ist die Verträglichkeit nicht geklärt." Biodiesel könne bestimmte Gummimischungen angreifen, warnte der TÜV-Experte: "Dichtungen quellen auf oder lösen sich, Diesel tritt aus. Nicht zu vernachlässigen ist die nicht vorhandene Schmierwirkung des Biodiesels, was ebenfalls zu Ausfällen und zu erheblichen und teuren Schäden führen kann."
Mit B7 sind Probleme zu erwarten
Zudem äußerte die "Bio-Task- Force" des Deutschen Instituts für Normung (DIN) Einwände gegen den neuen Dieselkraftstoff B7, dem ab 1. Januar 2009 sieben statt bisher fünf Prozent Biodiesel beigemischt werden sollen. Das Bundesumweltministerium von Sigmar Gabriel (SPD) wisse von den Problemen. Gabriel liege seit August 2007 der Bericht vor. Die Experten urteilten: "Selbst bei Verwendung von B5 (Diesel mit fünf Prozent Bio-Anteil) kann es zu einer grenzwertigen Överdünnung kommen, so dass mit B7 bereits sicher fahrzeugtechnische Probleme zu erwarten sind. Daher stellt B7 keine geeignete Interimsmaßnahme zur Gewährleistung des Bestandsfahrzeugschutzes dar."
Gabriel will noch abwarten
Das Umweltministerium teilte "Bild am Sonntag" mit: "Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass die Einführung einer neuen Diesel-Sorte B7 in Deutschland zu irgendwelchen technischen Schwierigkeiten bei neuen oder alten Kraftfahrzeugen führen wird." Bei der Normung gehe es nicht um die Frage, ob B7 eingeführt werde, sagte ein Sprecher: "Offen ist lediglich eine technische Detailfrage bei der Umsetzung." Allerdings solle es keinen Blankoscheck für die Einführung von B7 geben. Über die entsprechende Verordnung "wird das Bundeskabinett erst dann entscheiden, wenn der zuständige DIN-Ausschuss seine Arbeit abgeschlossen hat", so der Sprecher weiter.
Schwarzer Tag für den Klimaschutz
Nach der Biosprit-Pleite hatte Greenpeace von einem schlechten Tag für den Klimaschutz gesprochen. Das Weniger an Ethanol im Biosprit wollte Gabriel jetzt durch ein Mehr an Bio-Diesel ausgleichen. Der Bedarf an landwirtschaftlichen Flächen für den Anbau von Soja wird dadurch zweifelfrei weiter steigen. Zudem wird durch Dünger, Zerstörung von Regenwäldern und der Verdrängung von Ackerflächen für Nahrungsmittel unterm Strich das Klima sogar weiter geschädigt.
Zu erwarten ist, dass die Bundesregierung wegen der Biosprit-Pleite ihr Klimaschutz-Paket wieder aufschnüren und noch stärker auf Öko-Strom setzen muss. Durch den Stopp der Biosprit-Beimischung müssen jetzt 4 bis 5 Millionen Tonnen CO2 zusätzlich durch mehr Öko-Strom eingespart werden. Der Stromanteil aus Sonne, Wind, Wasser und Biomasse muss also bis 2020 statt auf 27,5 auf 30 Prozent gesteigert werden. Dies ist nach Ansicht der Stromkonzerne machbar.
Ein neuer Versuch
Eine weltweit einzigartige Biospritquelle soll künftig in Sachsen sprudeln. Der Biokraftstoff der zweiten Generation wird dort nicht aus Nahrungsmitteln wie Mais, Weizen oder Palmöl gewonnen, sondern aus Bäumen und Holzabfällen. In der vergangenen Woche startete das Unternehmen Choren im sächsischen Freiberg das weltweit erste kommerzielle Werk für Biosprit der 2. Generation. Zunächst ist die Produktion von jährlich 18 Millionen Liter Biosprit geplant, sagt die Sprecherin des Unternehmens Choren, Ines Bilas. Ein Konzept für eine Anlage mit einer Million Tonnen liege aber schon bereit. Die gesamte Produktion sei bereits langfristig an den Ökonzern Shell verkauft.
Skepsis bleibt
Dennoch sind Experten skeptisch, ob damit nun eine gute Alternative gefunden ist. Sollten Holzreste und andere Bioabfälle nicht ausreichen, braucht auch BtL- Sprit Anbaufläche etwa für Weiden, Pappeln oder Robinien - und ohnehin Energie zur Produktion. In die neue Anlage werden laut Choren in der Anfangszeit pro Jahr 67.500 Tonnen Holz gesteckt - je zur Hälfte Waldholz und unbelastetes Recyclingholz. "Holzhackschnitzel aus landwirtschaftlichen Schnellwuchsplantagen sollen jedoch in den kommenden Jahren einen zunehmenden Rohstoffanteil abdecken", erläutert Michael Deutmeyer, Choren-Verantwortlicher für Rohstoffstrategie. Eine erste Fläche in der Region Freiberg sei im vergangenen Jahr mit Weiden bepflanzt worden. In Mecklenburg-Vorpommern bewirtschafte Choren seit drei Jahren eine 20-Hektar-Plantage.
Auf dem Holzweg
Dies dürfte auf jeden Fall die ohnehin gestiegenen Holzpreise weiter in die Höhe schnellen lassen. Das Nachsehen hätten beispielweise jene Bauherren, die in den vergangenen Jahren ihre alten Ökessel durch neue und technisch aufwendige Holzvergasersysteme ersetzt haben. Zudem war auch dieser Weg staatlich subventioniert worden.
Quelle: N-tv Presseservice